Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei allen Empfehlungen nur um Tipps handelt, aus denen keinerlei Haftungsansprüche abgeleitet werden können.
Feuerwehreinsatz bei Ammoniak
Merkblatt der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V.
Empfehlungen für den Feuerwehreinsatz bei Chlorgas (April 2000)
Chlor ist ein besonders weit verbreitetes, technisch vielfältig eingesetztes giftiges, ätzendes Gas.
In der Vergangenheit hat das Bundesland NW wegen des Gefahrenpotentials für die Feuerwehren besondere Anweisungen erlassen (Chlorgaserlass von 1964).
Das Referat 10 der vfdb hat den aktuellen Stand der Technik und einsatztaktische Standards zusammengefasst und für die Feuerwehren aufbereitet.
Allgemeines:
Eigenschaften:
- Unter Druck (6,7 bar bei 20° C) verflüssigtes Gas
- Atemgift mit Reiz- und Ätzwirkung, hautresorptiv
- Wassergefährdend
- Nicht brennbar
- Schwerer als Luft ,(theoretisches Dichteverhältnis 2,5)
- 1 l Chlor im verflüssigten Zustand ergibt bei vollständiger Entspannung ca. 457 l Chlorgas
- Flüssiges Chlor ist bei Austritt unter - 34° kalt und führt bei Kontakt zu schweren Erfrierungen und Zerstörung der normalen Chemikalienschutzkleidung
- MAK-Wert: 0,5 ppm; ETW 1 ppm
- In Konzentrationen über 50 ppm möglicherweise, ab 1000 ppm sicher tödlich!
- Greift in Verbindung mit Wasser fast alle Metalle an!
Erkennungsmerkmale:
- Stechender (reizender) Geruch (Geruchsschwellenwert 0,3 ppm)
- Gas hat bei mittlerer und hoher Konzentration eine gelbgrüne Färbung
- Druckgasbehälter, grauer Anstrich, bis 52 l Inhalt, (bei 6,7 bar verflüssigt)
- Fässer mit 400 l und 800 l Inhalt
- Im Bereich der Großindustrie, in Pipelines und in 20m³ - Kesselwagen
- Chemisch gebunden, z.B. als Chlorkalk in Tablettenform (z.B. für die Schwimmbadhygiene), löst sich bei Kontakt mit Wasser
- UN-Nr.: 1017
- Gefahrnummer: 268 (giftiges Gas, ätzend)
- Gefahrzettel 6.1 und 8 (weiß mit Totenkopf bzw. weiß/schwarz mit Ätzsymbol)
Nachweis:
- Geruch
- Prüfröhrchen: Chlor
- Kaliumiodidstärkepapier (zur Prüfung in Luft vorher anfeuchten, zur Prüfung von Flüssigkeiten nur kurz eintauchen)
- Universalindikatorpapier (pH-Papier) wird von entstehendem Chlorwasser entfärbt, es ist daher zum Nachweis ungeeignet
Verwendung:
Zur Entkeimung von Trink-, Ab- und Schwimmbadwasser. In der chemischen Industrie, z.B. zur Produktion von Vinylchlorid. (Vorprodukt zur Herstellung von PVC).
Maßnahmen:
- Eigenschutz beachten
- Gefahrenbereich sofort absperren!
- Umluftunabhängiger Atemschutz (PA), Chemikalienschutzanzug (CSA)!
- Bei Austritt von flüssigem Chlor: Kälteschutz!
Allgemeine taktische Hinweise zur Einsatzdurchführung:
- Abstand halten, mindestens 50 m
- Bei der Anfahrt Windrichtung beachten, mit dem Wind anfahren
- Unmittelbaren Gefahrenbereich im Freien räumen und in Abhängigkeit von der Lagermenge großräumig absperren
- Fenster und Türen schließen! Klimaanlagen abstellen
- Benachbarte Gebäude grundsätzlich nicht räumen
- Gegebenenfalls tief gelegene Räume in Wohn- sowie Industrieanlagen in der Ausbreitungsrichtung kontrollieren und abdichten
- Betrieblichen Gefahrenabwehrplan beachten
Ausströmen von Chlor - gasförmig:
- Chlorgaswolke mit Wassersprühstrahl eingrenzen. (Dabei wird nur wenig Chlor gelöst, aber die Wolke mechanisch aufgehalten/umgeleitet, mit Luft verwirbelt und dadurch „verdünnt“)
- Es entsteht eine Lösung (Chlorwasser), die sauer und oxidierend wirkt und aus der weiterhin Chlor in geringerem Umfang wieder frei werden kann
- Einleitung des Abwassers in die Kanalisation ist mit dem zuständigen Kanalbetreiber abzusprechen
- Gegebenenfalls entstehendes Abwasser mit sehr viel Wasser verdünnen (mehrere Wasserwerfer!)
- Chlor kann z.B. mit Natriumthiosulfatlösung oder Wasserstoffperoxid unschädlich gemacht werden
- Druckgasbehälterventil schließen, Leckage abdichten (z.B. Gasflaschenabdichtset oder Gasflaschenbergebehälter).
- Abgedichtete Behälter in eine mit Wasser gefüllte Tonne (z.B. Müllcontainer) legen, dabei Austritt von Flüssigchlor verhindern!
Austritt von verflüssigtem Chlor (ZUSÄTZLICHE Maßnahmen):
- Bei Austritt von verflüssigtem Chlor nicht mit Wasser auf Lache, Leckstelle oder Behälter sprühen, da sonst die Verdampfung und Gasbildung beschleunigt werden
- Versuchen, das Leck abzudichten, oder Flasche in geeignete Gasflaschen-Bergebehälter einbringen. (Es gibt auch Bergebehälter für Chlorfässer!)
- Austrittsstelle oder Chlorlache sonst z.B. mit Schaum oder PE-Folie abdecken. Die Schaumdecke vereist und wirkt dadurch wie eine Schutzhülle
ACHTUNG: Unbedingt weitere Ausbreitung beobachten
Rettungsdienst:
- Bei Haut- oder Augenkontakt betroffene Stellen sofort und mindestens 15 min mit viel Wasser spülen
- Kontaminierte Kleidung entfernen, betroffene Hautstellen mit viel Wasser spülen.
- Bei Inhalation Versorgung der Verunfallten durch Notarzt
- Direkte Atemspende (Mund-zu-Mund, Mund-zu-Nase) vermeiden - Beatmungsgeräte verwenden!
- Sofort Gabe von cortisonhaltigen Inhalationssprays (Auxiloson o.ä.)
- Sauerstoffzufuhr (intermittierende Überdruckbeatmung)
- Durch Kontakt mit verflüssigtem Gas erfrorene Körperteile vorsichtig mit kaltem Wasser auftauen
- Absolute Ruhe, Auskühlen verhindern (Goldfolie)
- Bei größerer betroffener Personenzahl entsprechende zusätzliche Kräfte und Mittel alarmieren
Folgemaßnahmen:
- Geborgene Behälter einer fachgerechten Entsorgung zuführen
- Dekontamination von Einsatzpersonal und Gerät (vgl. vfdb RL 10/04) mit Wasser
- Kontaminiertes Wasser nach Möglichkeit auffangen und entsorgen.
Benachrichtigungen:
- Polizei
- Zuständige Wasserbehörde
- ggf. Gasflaschenlieferant
- ggf. TUIS
- ggf. Giftnotrufzentrale
Quellen:
- Cimolino, U.; Sacher, J.: Der Chlor-Alarmplan, in 112 - Magazin der Feuerwehr, 7/98
- Cimolino, U. (Hrsg.): Einsatzleiterhandbuch - Feuerwehr, Ecomed Verlag Landsberg/Lech 2000
- ICE: Emergency Response Intervention Card (ERIC) - Entwurf Stand 01/1998, Blatt 2/34
- Hamacher, Rolf: Handbuch für den Einsatzleiter, Abschnittsarbeit, BF Düsseldorf, 1994
- Innenministerium NRW, Richtlinien über das Verhalten der Feuerwehr bei Chlorgasausströmung. Runderlass vom 31.07.64 - III A 3/210 - 934/64.
- vfdb, Ref. 10; Protokoll zur 39. Sitzung in Oberhausen, 04/1999 (nicht veröffentlicht)
- GSBL
Empfehlung für den Feuerwehreinsatz bei Gefahr durch Chlor
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