Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei allen Empfehlungen nur um Tipps handelt, aus denen keinerlei Haftungsansprüche abgeleitet werden können.
Feuerwehreinsatz bei Ammoniak
Merkblatt der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V.
Empfehlungen für den Feuerwehreinsatz bei Ammoniak (April 2000)
Ammoniak, ein giftiges ätzendes Gas, ist weit verbreitet und wird technisch vielfältig in meist großen Mengen eingesetzt.
Das Referat 10 der vfdb hat den aktuellen Stand der Technik und einsatztaktische Standards zusammengefasst und für die Feuerwehren aufbereitet.
Allgemeines:
Eigenschaften:- Unter Druck (8,6 bar bei 20 ° C) verflüssigtes Gas
- Atemgift mit Reiz- und Ätzwirkung
- wassergefährdend
- Brennbar bei Wärmezufuhr, Zündtemperatur > 630° C
- Explosionsbereich 15 - 34 % (als Zündenergie reicht z.B. eine durch die Kälteeinwirkung platzende Glühbirne aus
- Als Reinstoff leichter als Luft (theoretisches Dichteverhältnis 0.6) 1 Liter Ammoniak im verflüssigten Zustand ergibt bei vollständiger Entspannung ca. 1000 l gasförmiges Ammoniak
- Sehr gut in Wasser löslich, bildet auch bei starker Verdünnung eine ätzende Flüssigkeit (Salmiakgeist)
- Flüssiges Ammoniak ist bei Austritt unter - 33 ° C kalt und führt bei Kontakt zu schweren Erfrierungen und Zerstörun-gen der „normalen“ Chemikalienschutzkleidung
- MAK-Wert: 50 ppm; ETW-Wert: 50 ppm
- Durch die niedrige Geruchsschwelle Gefahr einer panischen Reaktion, auch schon bei ungefährlichen Konzentrationen!
Achtung: Austretendes Ammoniak bindet sich an die Luftfeuchtigkeit und wird dann als „Nebel“ schwerer als Luft. Dieser sammelt sich in Bodennähe. Je größer die Luftfeuchtigkeit im Bereich der Leckage/des Austretens, desto mehr Ammoniak wird sich auch in Bodennähe aufhalten und kann dann auch typisches Schwergas-Verhalten (fließt in Senken) zeigen.
Erkennungsmerkmale:
- Stechender Geruch (Geruchsschwellenwert 0,02 - 70 ppm)
- Als Gas und Flüssigkeit farblos
- Druckgasbehälter grauer Anstrich (bei 8,6 bar verflüssigt)
- UN-Nr.: 1005 (In Lösung :1043, 2073, 2672)
- Gefahrnummer: 268 (giftiges Gas, ätzend)
- Gefahrzettel 6.1 und 8 (weiß mit Totenkopf bzw.weiß/schwarz mit Ätzsymbol)
Nachweis:
- Geruch
- Prüfröhrchen: Ammoniak
- angefeuchtetes Universalindikatorpapier (pH- Papier) wird von Ammoniak blau verfärbt
Verwendung:
Ammoniak wird bei der Düngemittelproduktion, in Rauchgasreinigungsanlagen, der Salpetersäuregewinnung und als Wärmeträger in Kühl- und Kälteanlagen verwendet. Teils in Vorrats-Druckbehältern >> 20 t (Sammler, Abscheider) gelagert!
Maßnahmen:
- Gefahrenbereich sofort absperren!
- Wasserversorgung sicher stellen!
- Zündquellen beseitigen!
- Prüfröhrchen- / Ex-Messungen durchführen!
Allgemeine taktische Hinweise zur Einsatzdurchführung:
- Abstand halten, mindstens 50 m
- Bei der Anfahrt Windrichtung beachten, mit dem Wind anfahren
- Unmittelbaren Gefahrenbereich im Freien räumen und in Abhängigkeit von der Lagermenge großräumig absperren
- Fenster und Türen schließen! Klimaanlagen abstellen
- Benachbarte Gebäude grundsätzlich nicht räumen
- Ggf. in Wohn- sowie Industrieanlagen tief gelegene Räume in der Ausbreitungsrichtung kontrollieren und abdichten
- Wasserschleier zum Niederschlagen der Dämpfe einsetzen
- Betrieblichen Gefahrenabwehrplan beachten
Austritt von gasförmigem Ammoniak:
- Bei Ausströmen in Räumen, diese und zugehöriges Gebäude räumen, möglichst dicht verschließen und Zündquellen ausschließen, Gebäude stromlos schalten
- Vorgehende Trupps nur unter PA und CSA-Vollschutz (kein PVC, da dieses bei Kontakt mit flüssigem Ammoniak brüchig wird!)
- Dämpfe mit viel Wasser und Sprühstrahl niederschlagen, ggf. Hydro-Schild (-er) oder Wasserwerfer einsetzen
- Bei Ammoniak-Nebelschwaden Kanalisationszuläufe versperren und Bodensenken kontrollieren
- Abfließendes Wasser auf pH-Wert prüfen und ggf. auffangen
- Bei Eindringen von Ammoniakwasser bzw. Schwergas (Nebel) in Kanalisation den zuständigen Kanalbetreiber benachrichtigen
- Leckage abdichten und Behälter ggf. ins Freie bringen
Austritt von verflüssigtem Ammoniak - (ZUSÄTZLICHE Maßnahmen!):
- Bei Austritt von verflüssigtem Ammoniak nicht mit Wasser auf Leckstelle oder Behälter sprühen, da sonst die Verdampfung und Gasentwicklung beschleunigt werden
- Kälteschutz im CSA (wärmender Arbeitsanzug, Füßlinge, Fingerhandschuhe) aus Wolle
- Versuchen, das Leck abzudichten oder Flaschen in geeignete Gasflaschen-Bergebehälter einbringen
- Austrittsstelle z.B. mit Mittel-Schaum oder PE-Folie abdecken. Die Schaumdecke vereist und wirkt dadurch wie eine Schutzhülle
ACHTUNG: Unbedingt weitere Ausbreitung beobachten
Rettungsdienst:
- Bei Haut- oder Augenkontakt betroffene Stellen sofort und mindestens 15 min mit viel Wasser spülen
- Kontaminierte Kleidung entfernen, betroffene Hautstellen mit viel Wasser spülen
- Bei Inhalation Versorgung der Verunfallten durch Notarzt
- Direkte Atemspende (Mund-zu-Mund, Mund-zu-Nase) vermeiden - Beatmungsgeräte verwenden!
- Durch Kontakt mit verflüssigtem Gas erfrorene Körperteile vorsichtig mit kaltem Wasser auftauen
- Absolute Ruhe, Auskühlen verhindern (Goldfolie)
- Bei größerer betroffener Personenzahl entsprechende zusätzliche Kräfte und Mittel alarmieren
Folgemaßnahmen:
- Geborgene Behälter einer fachgerechten Entsorgung zuführen
- Dekontamination von Mannschaft und Gerät (vgl. vfdb RL 10/04) mit Wasser
- Kontaminiertes Wasser und Reinigungsflüssigkeit entsorgen.
Benachrichtigungen:
- Polizei
- Zuständige Wasserbehörde
- ggf. TUIS
- ggf. Giftnotrufzentrale
Quellen:
- Cimolino (Hrsg.): Einsatzleiterhandbuch Feuerwehr; Ecomed Verlag, Lansberg/Lech, 2000
- Bayerisches Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz: Merkblatt Gefährliche Stoffe und Güter
- Hommel: Handbuch der Gefährlichen Stoffe
- ICE: Emergency Response Intervention Card (ERIC) - Entwurf Stand 01/1998, Blatt 2/24
- Schwedische Feuerwehrschule Landskrona: Lehrfilm
- TST Sweden: Verkaufsfilm und Tabellen
- GSBL
Empfehlung für den Feuerwehreinsatz bei Gefahr durch Ammoniak
Themenbereiche





